FS3: Visual Analysis of Collective Behavior
Beteiligte Wissenschaftler:
Kollektive tierische Verhaltensmuster in Bewegungsdaten unterliegen komplexen Regeln.
Um die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten zu entschlüsseln, werden die in FS2 in den Laboren des VCC und im Freiland generierten mehrdimensionalen Massendaten in der bereits entwickelten Datenbank Movebank gespeichert und im Data Theatre Lab des VCC auf einer ultrahochauflösenden Großbildprojektionsanlage visualisiert und analysiert. Technisch gesehen können kollektive Bewegungsdaten auf zwei Arten interpretiert und analysiert werden:
Zum einen können die Bewegungsdaten mit ihrem Raum- und Zeitbezug analysiert und dargestellt werden. Dies ist beispielsweise wichtig, um zeitliche und räumliche Entwicklungen und Abhängigkeiten zu entdecken. Im Kontext des kollektiven Verhaltens spielen jedoch die Interaktionen und die Verknüpfung der Aktoren ebenfalls eine wichtige Rolle. Deshalb kann Kollektivverhalten zum anderen auch als dynamisches Netzwerk gesehen und entsprechend analysiert werden. Ein tieferes Verständnis der raum-zeitlichen Abhängigkeiten sowie des Kollektiv-Netzwerks führt wiederum zu neuen Fragestellungen, die Rückwirkungen auf die in FS2 durchgeführten Experimente und die in FS1 generierten virtuellen Umgebungen haben.
Die Analyse großer Mengen von Bewegungsdaten mit ihrem Raum- und Zeitbezug ist schon aufgrund ihrer Natur herausfordernd. Die Datensätze verknüpfen die räumliche Information, beispielsweise X- und Y-Koordinaten eines Datenpunktes, mit der Zeitdimension und zusätzlichen multidimensionalen Hintergrundinformationen. Je feiner die Daten dabei aufgelöst sind, desto größer werden die Datenmengen und der Informationsgehalt. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, die aufkommenden Datenmengen effizient zu verarbeiten. Abbildung 4 zeigt ein Beispiel für ein visuelles Analysesystem, das im Rahmen des MoveVRE Projektes zur Analyse der Flugrouten von Albatrossen zwischen der peruanischen Küste und ihren Brutgebieten auf den Galapagos Islands entwickelt wurde. Zur Untersuchung der Frage, warum die Albatrosse auf dem Rückweg in der Regel die deutlich längere Flugroute wählen, mussten die raum-zeitlichen Bewegungsdaten mit Kontextinformationen angereichert werden.
Bei der Analyse der Daten ist die Bestimmung der Bewegungen des Schwarms in Echtzeit erforderlich, um die reaktiven virtuellen Umgebungen aus FS1 in den Experimenten des FS2 zu steuern. Bei dieser Echtzeitanalyse stehen die Anforderungen an die Verarbeitungsgeschwindigkeit im Vordergrund, die für die Funktionsfähigkeit der reaktiven Umgebung im Bereich von Millisekunden liegen. Das Zusammenspiel der Individuen kann dabei nicht untersucht werden. Dies muss offline in einer detaillierten a-posteriori Analyse der aufgezeichneten Daten erfolgen. Ziel dabei ist, ein tieferes Verständnis des Kollektivverhaltens zu erhalten. Um eine semantisch bedeutungsvolle Analyse der komplexen multidimensionalen Bewegungsdaten durchzuführen, ist die Verbindung von automatischen Data Mining Verfahren und interaktiven Visualisierungstechniken erforderlich. Diese Verknüpfung wird in der Literatur als „Visual Analytics“ beschrieben.